Vor der Entstehung der Stadt Gumbinnen war dieses Gebiet eine große Wildnis, in der die pruzzischen Ureinwohner lebten.

Unsere Heimatstadt Gumbinnen


Von Waltraud Mintel (mit geringer Textanpassung durch die Redaktion)


Der Ort Gumbinnen wurde zum ersten Mal 1550 in einer Urkunde erwähnt. Der Name Gumbinnen kommt wahrscheinlich aus dem Litauischen „gumbas“, welches Krümmung bedeutet. Damit ist die Krümmung gemeint, die der Fluss Pissa bei Gumbinnen macht.

Aus der Urzeit unserer Heimat ist uns nur wenig überliefert worden. Gegen Ende der Bronzezeit war das Gebiet von germanischen Stämmen besiedelt. Später zogen diese ab. In diese entstandenen Leerräume wanderten von Nordosten die Prussen oder Altpreußen ein. Sie waren ein baltischer Zweig der indogermanischen Völkergemeinschaft, ein sesshaftes Bauernvolk. Es hielt zäh an der Scholle fest und wehrte sich gegen feindliche Eindringlinge. Das musste die erst einige Jahre später südlich siedelnden Slawenstämme schmerzhaft erfahren, als sie Raub- und Kriegszüge nach Norden unternahmen. Nie gelang es ihnen das Prussenland zu unterwerfen. Von den sesshaften Stämmen der Prussen wurde der Name des späteren Preußen abgeleitet.

1642 war Gumbinnen noch ein sehr kleines Dorf und bestand aus einer Kirche, einem Pfarramt und den Insthäusern des Pfarramtes, acht von Handwerkern bewohnte Hütten, zwei Badestuben, eine Schmiede und eine Mühle. Es lebten höchstens 150 Personen in dem damaligen Ort. Die Menschen waren arm, und es folgte mehrere Jahrhunderte eine schwere Zeit durch Kriege und Krankheit.

1656 hatte der Tatareneinfall Ostpreußen schwer getroffen. Es wurden viele Städte, Dörfer und Kirchen verbrannt und zerstört, 23.000 Menschen erschlagen und 34.000 fortgeschleppt. Als sich die noch lebenden Menschen ein wenig erholt hatten, brach die große Pest aus.

1709 – 1711 wütete die Pest und raffte 200.000 bis 250.000 Menschen von den damals 600.000 – 700.000 Einwohnern Ostpreußens dahin. Das Land war nun recht leer. 10.834 Bauernhöfe waren durch die Pest verödet. Als Friedrich I. am 25.2.1713 starb, übernahm sein Sohn Friedrich Wilhelm I. die Regierung, und der setzte seine ganze Kraft dafür ein, das heruntergekommene Land wieder aufzubauen und zu besiedeln. Er holte Menschen aus anderen Ländern nach Ostpreußen.

1709 kamen zuerst die Schweizer, 1712 die Nassauer und 1732 die Salzburger, die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Auch Hugenotten aus Frankreich, die ebenfalls wegen ihres Glaubens in Frankreich bekämpft wurden, scheuten nicht den weiten Weg nach Ostpreußen zu kommen, um hier neu zu beginnen. Aber auch aus anderen Ländern kamen vereinzelt neue Bürger.

1724 erhob der Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. Gumbinnen zur Stadt.

Daher gilt fortan der 24. Mai 1724 als der Stadtgründungstag von Gumbinnen. (Anm.d.Red.: Dieser Tag ist seit 1991 wieder ein Feiertag in Gusev/Gumbinnen)  

Das Land blühte auf und so auch die Stadt und der Kreis Gumbinnen, wo sich besonders viele Salzburger und Hugenotten niedergelassen hatten. Aber schwere Jahre kamen durch Kriege.

Von 1756 bis 1763 herrschte der Siebenjährige Krieg, wo Gumbinnen vorübergehend unter russischer Besatzung war. Nachdem die Feinde abgezogen waren und das Land und die Menschen für viele Jahre zur Ruhe gekommen waren, erreichten 1807 Napoleons Soldaten zunächst für wenige Kriegsmonate Gumbinnen. Drückend waren die Einquartierungen und finanziellen Forderungen. Noch schlimmer wurde es 1812, als die Franzosen auf ihrem Russlandfeldzug erneut durch unsere Stadt zogen und Gumbinnen zum Sammelpunkt ihrer Hauptarmee ausersahen. 300.000 Franzosen zogen in den Krieg nach Russland. Aber schon im Winter 1812 durchquerte die fliehende französische Armee in erbämlichem Zustand wieder das Preußenland. Nach dem Abzug der Franzosen herrschte viele Jahre Frieden.

Dann folgte der Erste Weltkrieg mit neuen Schrecken. Schon im August 1914 war die große Schlacht bei Gumbinnen. Aber im Ersten Weltkrieg wurden die Russen aus Ostpreußen vertrieben. Nach dem Kriegsende atmete alles auf und es begann eine sehr friedliche Zeit, wo viel erneuert und aufgebaut wurde. Die Menschen, deren Vorfahren aus anderen Ländern eingewandert waren, hatten keine Sprachschwierigkeiten mehr. Sie hatten untereinander geheiratet, waren sehr fleißig, lebten zufrieden und glücklich und waren stark und gesund.(Anm. d. Red.: nicht alle hatten es gleich gut, da viele Familien viele Kinder hatten mussten viele Bewohner sich Arbeit im „Reich“ suchen) In dieser Zeit lebten auch wir dort und hatten eine wunderbare Kinderzeit.

Gumbinnen war eine kleine, aber für Ostpreußen bedeutende Stadt. Gumbinnen war nicht nur Kreisstadt, sondern auch Regierungssitz mit alten und neuen Regierungsgebäuden. In einer kleinen Parkanlage davor stand das Denkmal unseres Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I., dem Gründer unserer Stadt mit dem eingemeißelten Spruch:“Mir neue Söhne, Euch ein mildes Vaterland“. Mit diesem Spruch waren die Vorfahren der damaligen Bewohner gemeint, die sich hier in dem durch die Pest ausgestorbenen Land niedergelassen hatten.

Mit drei großen Kasernen hatte Gumbinnen als Garnisonsstadt sehr viel Militär. Eine Oberpostdirektion, ein großes Elektrizitätswerk (das Ostpreußenwerk), eine Maschinenfabrik, eine Molkerei in der Kirchenstraße, einen besonders großzügigen Mühlenbetrieb (die Prangmühle) und viele andere wichtige Gebäude bestimmten das Bild unserer Heimatstadt. Der Elch war das Wahrzeichen. Auf dem Magazinplatz vor der großen Brücke stand ein großes Elchdenkmal, das uns allen so sehr gefiel.

Unsere Stadt hatte einen Fluß, der zuerst Pissa hieß und dann in Rominte umbenannt wurde. Drei Brücken führten über den Fluß, die Königsbrücke oder neue Brücke, die Blaue Brücke und für Fußgänger die Carl-Brand-Brücke, die von der Firma Carl Brandt gestiftet worden war. Man konnte auch mit einer alten Fähre an das andere Ufer gelangen. An den Ufern des Flusses sorgten hohe Dämme (seit 1727 Flußbegradigung) dafür, dass das Flusswasser die Stadt nicht überschwemmen konnte; denn das war in früheren Jahren immer wieder passiert. Auf diesen Dämmen waren schöne Wege entlang des Flussesufers angelegt, auf denen man viele Spaziergänger sehen konnte. Auch ein paar Anlagen mit Springbrunnen, Blumen und Bänken gab es dort. Zum Vergnügen hatten wir in unserer Stadt zwei Kinos und viele Cafes wo es nicht nur Kuchen, sondern auch Fünfuhrtee gab. Für größere Veranstaltungen diente das Schützenhaus.

In der Hindenburgstraße, ganz dicht am Damm der Rominte, war der Wochenmarkt. Dazu kamen hauptsächlich viele Bauersleute mit Pferdefuhrwerken von weit hergefahren, um hier ihre ländlichen Produkte anzubieten. Die Pferdefuhrwerke wurden meistens auf dem großen Hof des Gasthauses Hubert in der Friedrichstraße abgestellt, wo man sich nach dem Kaufen und Verkaufenein wenig stärkte, bevor man sich auf die Heimreise begab. Wir aus unserem Dorf Sodeiken hatten nur einen kleinen Fußmarsch bis zur nahen Stadt, denn Gumbinnen war von uns nur einen Kilometer entfernt. So waren wir sehr oft in der Stadt. Als im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) die Flucht nach Westen einsetzte, dachte niemand daran, dass es ein Abschied ohne Wiederkehr sein würde.

1944 hatte Gumbinnen 24.534 Einwohner, die alle flüchten mussten. Alle Menschen in Ostpreußen verließen das Land unter entsetzlichen Schwierigkeiten, wurden ermordet oder überstanden die Flucht bei eisigen Wintertemperaturen nicht. Die zurückgebliebenen kamen teilweise ins Lager in qualvoller Gefangenschaft, bis sie 1948 ausgewiesen wurden.

47 Jahre war es den aus Nordostpreußen stammenden Menschen verboten ihre Heimat zu besuchen. Es sind heute 60 Jahre her, dass wir die Heimat verlassen mussten. Es leben dort nur russische Menschen in teilweise sehr einfachen Verhältnissen. Vieles ist durch den Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut worden. Nach 1945 ging es mit der Bausubstanz weiter bergab, weil es an Pflege fehlte. (z.B. undichte Dächer).

Wenn wir heute unsere Heimat besuchen, finden wir die alten Wege nicht mehr, vieles ist uns fremd geworden, was uns jedoch nicht davon abhält unsere alte Heimat immer wieder zu besuchen.

Seit 2005 zeigt sich in Gusev unter dem neuen Bürgermeister eine überaus positive Entwicklung in vielen Bereichen. An vielen Punkten in der Stadt ist der Wandel sichtbar. Schauen Sie sich den kurzen Videofilm unter dem Link „Gusev“ an.