Amtsgericht, Wilhelmstraße 51
Amtsgerichtsräte Herbst und Helwich,
Gerichtsreferendare Gast, Schwarz und Stutzki,
Geschäftsleitender Beamter und Verwalter der Gerichtszahlstelle Justizinspektor Kerrinnis.
Beamte der Geschäftsstelle:
Justizinspektoren Ziemann, Sczepan, Koschewski, Justizobersekretär Graeber.
4 Justizsekretäre, 1 Justizassistent, 2 Justizsupernumerare, 3 Justizanwärter, 2 Obergerichtsvollzieher (Kruck und Sahm), 10 Justizangestellte, 2 Justizwachtmeister, 1 Justizaushelfer, 1 Hauptwachtmeister bei der
Justizvollzugsanstalt, 1 Hilfsaufseher und 1 Reinmachefrau.
Die Rechtspflege
von Gotthart Jamrowski
Die ältesten Nachrichten über die Rechtspflege in Gumbinnen sind in dem Fundationsprivileg der Stadt Gumbinnen vom Jahre 1733 enthalten, wo es heißt:
„Wie aber bey Anlegung und Stiftung der Städten allerdings daran gelegen, daß gute und löbliche Polizey und Ordnung gehalten, Recht und Gerechtigkeit gehandhabt und das Unrecht und Böse gesteuert werden möge. So haben wir für nothwendig erachtet, diese Stadt Gumbinnen mit einem Magistrat und Criminalgerichte, als Bürgermeister, Richter und Rathspersonen zu versehen, setzen, ordnen und wollen demnach, daß es mit dem Magistrat und Criminalgericht wie auch mit Chur und Wahl eines Bürgermeisters, Richters und anderen dergleichen Personen nach Vorschrift des anno 1732 emanirten allergnädigsten Patents wegen Combination des Rechts und Gerichts . . . und soll dieser Magistrat richten und sprechen nach denen in Unserm Königreich eingeführten Rechten, in Sonderheit nach dem verbesserten Pr. Landrecht, denen streitenden Parteyen, wenn sie in der Güte und durch Sühne nicht auseinander gesetzt werden können, welches Magistratus allwege zuvörderst zu tantiren hat, gebührend und unparteyisch Recht pflegen und niemanden worinnen vervortheilen und prägraviren.
„Wenn aber der Klagende und die vechtenden Partheyen durch des Magistrats Erkenntnis und Ausspruch beschwert zu seyn vermeinen, so sollen sie davon an Unser Hofgericht oder wohin die Sache sonsten nadi deren Beschaffenheit gehört nach Vorschrift des Landrechts und anderer dieserhalb emanirter Verordnungen zu appellieren frey haben und daselbst ferner Verabscheidung gewärtigen.“
Diese städtischen Richter (immer nur einer) erhielten den Titel Justizbürgermeister, waren zumeist Nichtjuristen, Kaufleute, pensionierte Militärs. Wesentliche Veränderungen in der Organisation sowohl der Ober- als der Unterbehörden Preußens erfolgten durch das Justizreglement vom 3. Dezember 1781. Die früheren Justizkollegien und Landvogteigerichte wurden aufgehoben. Zur Besorgung der Aufträge der Obergerichte und zur Aufsicht über die Untergerichte wurde jedes Departement in Kreise eingeteilt und jedem Kreis ein Justizrat vorgesetzt. Wegen der Nähe des Hofgerichtes Insterburg erhielt Gumbinnen keine Kreis-Justizkommission.
Nach dem unglücklichen Kriege von 1806/07 wurde eine Neuordnung der Verwaltungs- und Justizbehörden erforderlich, und im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reform erhielten die Kriegs- und Domänenkammern den Namen „Regierungen“ und die Landesjustizkollegien den Namen „Oberlandesgericht“. Seit dieser Zeit gab es drei Regierungen in Königsberg, Gumbinnen und Marienwerder und auch drei Oberlandesgerichte, von denen sich das eine in Gumbinnen befand.
Wie dieses Gericht besetzt war, ging aus den Quellen, die überhaupt sehr spärlich waren, nicht hervor. Es wird nur berichtet, dass in Gumbinnen bis zum Jahre 1809 zwei annullierende Justizämter bestanden, die jedes Mal mit einem Justizamtmann und einem Aktuarius (insgesamt also 4 Personen) besetzt waren.
Im Laufe der Zeit wurden dann die Domänenjustizämter mit den Stadtgerichten zu Königlichen Land- und Stadtgerichten vereinigt. Das Land- und Stadtgericht in Gumbinnen wurde 1817 gegründet. Nach der Revolution von 1848 wurden die Patrimonialgerichte aufgehoben und für die schwersten Verbrechen nach englischem Vorbilde Schwurgerichte eingesetzt. Die Gerichtsbarkeit wurde nunmehr ausschließlich durch staatliche Gerichtsbehörden ausgeübt. Diese Gerichte waren im ersten Rechtszuge Kreisgerichte, im zweiten Rechtszuge Appellationsgerichte und im dritten Rechtszuge das Obertribunal in Königsberg (Pr.).
Wichtige Organe der Rechtspflege waren die Assistenzräte, besoldete Staatsdiener, die an Stelle der früheren Advokaten den Parteien vor Gericht zugeordnet wurden und die den Richter bei Ausmittelung der Wahrheit unterstützen sollten. Damit aber die Advokaten nicht brotlos würden, wurden sie unter dem Namen Justizkommissarien nur zum Betriebe der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt.
Die Gumbinner Quellen erwähnen auch zwei Justizkommissarien im Jahre 1830, welche bei dem Königlichen Stadt- und Landgerichte in Gumbinnen zugelassen waren. Dieses Gericht war damals mit Einschluss der interimistisch angestellten Personen mit 30 Beamten besetzt. Seit 1848 nahmen die Justizkommissare und Advokaten den Amtscharakter Rechtsanwalt an. Die Namen und die Zahl der ersten Gumbinner Rechtsanwälte sind nicht bekannt.
Durch die Reichsjustizgesetze, die Schöpfungen des aus Hannover stammenden Justizministers Leonhardt und seiner Mitarbeiter, wurden als Gerichte eingesetzt: Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und das Reichsgericht. So erhielt auch Gumbinnen seit dem 1. Oktober 1879 an Stelle des Kreisgerichts das Amtsgericht. Gumbinnen wurde auch für den Sitz eines Landgerichtes in Aussicht genommen. An seiner Stelle wurde aber 1885 ein Landgericht in Memel errichtet.
Räumlich war das Gumbinner Gericht lange Zeit in einem Mietshause Ecke Tilsiter Straße und Brauereistraße, jetzt Bismarckstraße 22, Ecke Roonstraße, untergebracht. Im Jahre 1850 erwarb dann der Preußische Justizfiskus, vertreten durch den Kreisgerichtsdirektor von Klitzing, von dem Destillateur Peter Köhn und dessen Frau Marie, geb. Laps, eine Fläche von etwa 3 ½ Morgen in der Stallupöner (Ebenroder) Straße für den Preis von 100 Talern zum Eigentum. Auf diesem Grundstück wurde zunächst im Jahre 1871 etwas abseits von der Straße das Gerichtsgefängnis und später in den Jahren 1901 und 1902 das Geschäftsgebäude des Amtsgerichts erbaut. Die Belegungsfähigkeit des Gerichtsgefängnisses betrug 38 Personen, und es wurden dort Strafen bis zu 9 Monaten vollstreckt.
Im Jahre 1935 wurde das Hoheitsrecht der Justizverwaltungen der Länder — des Staates Preußen — auf das Deutsche Reich übertragen (Drittes Rechtspflegeüberleitungsgesetz vom 24. Januar 1935). Das Gesetz trat am 1. April 1935 in Kraft. Dadurch wurden alle Landesjustizbehörden Reichsbehörden, und die Richter und Justizbeamten, die bisher preußische Beamte gewesen waren, Reichsbeamte, und das Amtsgericht in Gumbinnen, das ein preußisches Gericht war, wurde eine Reichsbehörde. Das Amtsgericht war mit drei Amtsgerichtsräten besetzt. Als öffentliche Rechtspflegeorgane waren bei dem Amtsgericht fünf Rechtsanwälte tätig, die zu Notaren ernannt und auch bei dem Landgericht in Insterburg zugelassen waren.
Die Fachzeitschrift für unsere Provinz war die seit 1898 erscheinende „Juristische Monatsschrift für Posen, West- und Ostpreußen“, die in den ersten sechs Nummern des 1. Jahrganges allerdings nur als „Juristische Monatsschrift für Posen und Westpreußen“ erschienen war. Sie wurde in Posen gedruckt.