Schunkern
Übersicht – Quelle: Gumbinnen von Dr. Grenz
Schunkern
mit Adl. Gut Blumberg: Kirchspiel Gumbinnen-Altstadt. Amtsbezirk und Standesamtsbezirk Zweilinden (Stannaitschen). E.: 171. GH.: 940,— RM. G.: 487 ha. —
Eingeschult nach Seilhofen Ostpr. (Waiwern). —
1937: Bürgermeister: Bauer Hermann Eschment. —
Post: Lindenkrug über Gumbinnen (6 km). —
Landwirte: Karl Albat, Julius Balßunat, Hans Demant, Johann Demant, Franz Doneleit, Johann Doneleit, Ernst Eschment, Hermann Eschment, Walter Eschment, Wilhelm Gallinat, Hans Grundtner, Fritz Kreuzahler, Friedrich Ogrzey, Max Ogrzei, Heinrich Schmeling, Franz Torkler, Gottlieb Weber, Johann Weber. —
Besitzer: Albert Grundtner. —
Jungbauer: Fritz Torkler. —
Handwerker: Sattlermeister Erich Pilz, Kunstgärtner Gustav Vorsatz. —
Schiffsheizer Heinrich Abromeit. —
Instmann: Daniel Ferchof, Franz Untrieser. —
Arbeiter: Fritz Braatz, Gottlieb Holz, Friedrich Ringel, Wilhelm Teschner. —
Im Ortsteil Adl. Gut Blumberg 1937:
Landwirt Theodor von Schön. —
Inspektor Claus Büchler. —
Handwerker: Schmied Gustav Warstat. —
Kutscher: Franz Didschus, Friedrich Engelhardt, Gustav Fleckenstein. —
Gespannführer: Gustav Eske, Otto Masekowitz, Otto Stamminger. —
Hofgänger: Franz Engelhardt, August Gallinat. —
Instmann: August Langkopp, Franz Senkel, Friedrich Spazier. —
Arbeiterin Marie Spazier. —
Wirtin: Auguste Zöllner. —
Anna von Schön (ohne Beruf). —
Sozialstatus: 1 Rentenempfänger, 1 Rentenempfängerin. —
1925 – Schunkern:
13 Besitzer. —
Im Archiv der Kreisgemeinschaft Gumbinnen 2 Briefe von Margarete Below und eine Beschreibung des Gutes Blumberg von Margarete Below vom Jahre 1951 — die Briefe vom 19.02.1951 und 19.08.1956. —
Beschreibung des Gutes Blumberg:
„Gut Blumberg, Gemeinde Schunkern, 238,9 ha groß, liegt 4 km von der Kreisstadt Gumbinnen entfernt.
Auf einem Richtweg durch Wiesen und Felder, dem „Kirchsteig“ konnte man die Stadt in einer guten halben Stunde erreichen. Der Fahrweg von Gumbinnen aus ging die Insterburger Chaussee hinaus, bei Radlauken rechts auf die Kiesstraße nach Schunkern. Von der Gutsgrenze an war der Weg mit schönen alten Birken gesäumt, rechts und links lagen die Felder, guter Mittelboden.
Durch einen Ausschnitt in den Bäumen des Gartens sah man auf das gemütliche alte Wohnhaus; von dieser Stelle aus wurden jedem Gast Grüße zugewinkt.
Der Weg führte durch das Gut hindurch, links lag die große neue Scheune, die Schmiede, der Speicher, dahinter eine Allee zum Friedhof — unter den hohen alten Bäumen ein feierlicher Ruheplatz für die Toten der Familie v. Schön und der Gutsleute, — ein anderer Weg zum Bockgarten, einem Abhang, beliebte Rodelbahn der Blumberger Kinder, mit jungen Tannenanpflanzungen. Rechts war die Auffahrt auf den von einer Mauer umgebenen Gutshof.
Weiter führte die Straße an den Insthäusern und Ställen vorbei, an dem Teich entlang, von alten Weiden umstanden, der so wichtig als Schwemme war und im Winter so beliebt als Eisbahn. Bevor der Weg nach Schunkern umbiegt, hatte man einen freien Blick auf das Vorwerk Perkuhnlauken an der Tilsiter Chaussee. Im weiteren Verlauf des Schunkerer Weges konnte man eine besonders schöne Ansicht von Blumberg genießen und wirklich den Eindruck gewinnen, daß es auf einer Anhöhe liegt und seinen Namen zu recht trägt.
Wir wollen aber zurückgehen, durch das Hoftor einbiegen und zum Gutshause gehen, einem Bau aus dem Jahre 1750, in der damals typischen Bauweise mit Doppeldach.
Die schwere Haustür mit der altertümlichen Türklinke war umwachsen von wildem Wein wie eine Girlande, darüber die alte Hausuhr war noch im Gange. Vor der Tür befand sich ein Beischlag mit Geländer, 2 Bänke, auf denen es sich gut ruhte nach getaner Arbeit und wo auch manche Hausarbeit gern vorgenommen wurde. Von hier aus ging der Blick über den ganzen, in korrektem Viereck gebauten Hof und nichts entging dem Auge des Herrn. Vor dem Hause lag ein großes Rasenrondell, um das kaum die Auffahrt führte, zur Seite die Ställe für das zahlreiche Geflügel, der altertümliche Taubenschlag, Holzstall, Waschküche. Dann begann der eigentliche Wirtschaftshof, die Ställe zu beiden Seiten, als Abschluß, dem Wohnhaus gegenüber eine Scheune, in der Mitte ein kleiner Teich, im Sommer von vielen Enten belebt.
Bei der Flucht 1944 waren noch ca. 30 Pferde, 4 Ochsen, 2 Bullen, 50 Kühe, 50 Stück Jungvieh vorhanden, außerdem natürlich Schweine, Hühner usw.
Gehen wir nun in Gedanken in das Haus hinein, so fanden wir da keine Reichtümer, aber viel Gemütlichkeit, so daß sich jeder Gast dort wohl fühlte. Die Innenausstattung war einfach, keine Wasserleitung, kein WC. Die Anordnung der Räume entsprach derjenigen in vielen ostpreußischen Gutshäusern, ein geräumiger Flur mit schwerem Eichenschrank und Truhe, an den Wänden Pferdebilder, englische Stiche, wie man sie auch in anderen Häusern aus derselben Zeit fand.
Eine bequeme Treppe führte nach oben. Rechts ging es in die Küche und Nebenräume, links durch eine Doppeltür in das Arbeitszimmer des Gutsherrn (früher Amtsvorsteher) und 2 dahinter liegende Zimmer vom Hausflur geradeaus in den sogenannten Saal, einem großen Zimmer mit antiken Möbeln, Flügel und Harmonium, die Wände ganz bedeckt mit Familienbildern, in Öl gemalt. Die Ahnenreihe begann mit einem dunklen Bild des Ratsherrn Schön in Elbing um 1550. Eine Reihe von männlichen Porträts in Uniform zeigte Lanzenstiche der Franzosen aus dem unglücklichen Kriege 1806. Zu frohen und ernsten Gelegenheiten wie Familienfesten, Beerdigungen, Jagdgesellschaften gab der Saal den festlichen Rahmen. Eine Glastür führte auf die Veranda hinaus, die später angebaut, ein beliebter Aufenthaltsort für den Sommer war.
Unvergeßlich für alle, die dabei waren, bleiben die Weihnachtsfeiern, bei denen alle Kinder des Gutes beschenkt wurden, ihre Gedichte aufsagten und die alten Weihnachtslieder sangen. Von dem Saal aus gelangte man noch in die Bibliothek, in deren hohen Schränken eine Menge wertvoller, unwiederbringlich verlorener Bücher und Schriften durch Generationen gesammelt war.
Das Haus barg auch die Bibliothek und wertvolle Erinnerungsstücke aus dem Besitz des Staatsministers und Oberpräsidenten der Provinz Ost- und Westpreußen Heinr. Theodor v. Schön (1773—1856), u.a. 4 große Ölbilder in Goldrahmen, darstellend die 4 großen Ostpreußen Kant, Kopernikus, Simon Dach und Herder.
Heinrich Theodor von Schön war in den Jahren 1812/13 Regierungspräsident in Gumbinnen. Er hat nicht in Blumberg gelebt, das seinem älteren Bruder Johann Friedrich von Schön gehörte. Aber manche seiner für die Provinz so wichtigen Reformen wie Aufhebung der Erbuntertänigkeit, Bau von Chausseen, Förderung der Schafzucht nach englischem Muster haben sich im Kreis Gumbinnen wohl besonders ausgewirkt.
Über die Geschichte des Gutes Blumberg ist mir aus dem Gedächtnis bekannt, daß es erbaut ist von General von Blumenthal (z. Z. Friedrichs des Großen, Geschenk des Königs) und daher Blumberg genannt wurde. Durch Verkauf kam es in den Besitz des Oberamtmannes David Niederstetter zu Stannaitschen. Seine Tochter Regina Heinriette heiratete 1788 den oben erwähnten Joh. Friedr. von Schön, der nach seinem Schwiegervater Oberamtmann zu Stannaitschen war und Besitzer von Blumberg, Laugallen und Samohlen.
Unter Joh. Friedr. von Schön wurde 1795 der Garten in Blumberg von einem Gartenkünstler nach französischem Muster angelegt. Er war eine Sehenswürdigkeit in diesem nordöstlichen Teil der Provinz, von hohen, geschnittenen Hecken umgeben, viele Blumenbeete mit Buchsbaumeinfassung, eine Sonnenuhr, deren Zifferblatt aus Buchsbaum geschoren, ein Tannengang, Laubengänge und Pavillons. In guten alten Zeiten, als das Leben auf unseren ostpreußischen Gütern so großzügig und behaglich dahinging, wurde gern am Sonntagnachmittag die Vespermahlzeit an einem dieser Plätze eingenommen. Besonders beliebt war der hohe Balkon, von dem aus man über Hecken weg weit ins Land hinein sah, auf Gumbinnen mit Kirchen und Kasernen, auf die „Mehlkirche“ (Mühle Prang) bis hin zu den Plicker Bergen mit dem Bismarckturm. Schön war auch von hier aus ein Jagdreiten zu beobachten, eine Treibjagd oder militärische Übung. Der Garten stand unter Naturschutz, ebenso das Haus unter Denkmalsschutz.
Dadurch konnten mit Hilfe der Wehrmacht im Dezember 1944 aus dem Hause noch einige wertvolle Möbel, Bilder und Bücher herausgeholt werden, aber leider zu spät. Sie sollten zum Kyffhäuser geschafft werden, sind aber verschollen.
Der Bericht eines Heimkehrers erzählt, daß es in Blumberg jetzt wüst aussieht. Ein Teil der Gebäude stand 1948 wohl noch, 100 Stück Vieh waren in den Ställen. Im Gutshaus waren alle Fenster und Türen heraus und zerstört, im Garten und Friedhof alle Bäume abgeschlagen, das Vorwerk ein Trümmerhaufen. Der letzte Besitzer von Blumberg und letzte Träger des Namens von Schön, mein Onkel Karl Theodor von Schön, geb. 21.11.1868, starb auf dem Treck an Herzschlag am 12.02.1945 in Pomlau, Westpreußen und ist dort beerdigt.“ —
In einem Brief vom 19.08.1956 macht Margarete Below folgende zusätzlichen Angaben:
Von den 239 ha des Gutes waren 174 ha Äcker (Weizen, Roggen, Gerste), 6 ha Wiesen, 51 ha Weiden. Kein Wald. Zuletzt hatte Blumberg 38 Pferde, 122 Stück Rindvieh (einschließlich Kälber), 96 Schweine, 190 Stück Geflügel. Das Vieh war in der Herdbuchgesellschaft Königsberg, Pferde: Stutbuch Trakehner Abstammung, Schweine: Schweinezuchtverein Insterburg.
Zum Inventar gehörten: Komplette elektrische Anlage, Höhenförderer, Motorschlepper Hanomag, Motorpflug, Dreschsatz System Lanz 60, Pumpen-Anlage, Tiefbrunnen, Getreidereinigungsanlage, Häckselmaschine, Kreissäge, Strohpresse, Bindemäher, Grasmäher usw. komplette Schmiede.
Blumberg war im Besitz von Schön seit 12.09.1788 durch Heirat von Johann Friedrich von Schön, geb. 15.05.1767 in Loebegallen, gest. 12.05.1841 in Blumberg mit Regina Heinriette Niederstetter, geb. 25.03.1770 in Stannaitschen, gest. 15.03.1838 in Blumberg. Sie brachte das Gut mit in die Ehe. Er war Oberamtmann zu Stannaitschen, Besitzer von Laugallen, Blumberg und Samohlen.
Zahl der im Betrieb beschäftigten Personen: 33 und zur Ernte noch etwa 10, 15 Familien. Immer bestand ein gutes, patriarchalisches Verhältnis. Über 25 Jahre waren dort: Familie Engelhardt, der letzte Kutscher, gestorben 1952. Sein Vater war auch schon dort, so viel ich weiß, seine Söhne aber in Berlin und im Westen. Familie Gallinat, zuletzt noch Tochter Gertrud Masekowitz mit Familie dort. Familie Eske, zuletzt Sohn Gustav mit Familie dort. Die Familie des Schmiedes Warstat, deren Söhne als Handwerker fortgingen. Auch waren die Familien Schawaller und Käding lange dort; die Alten starben, die Jungen gingen in den Westen, kamen aber noch gern zu Besuch und waren anhänglich. Von einigen Familien, die auch lange in Blumberg waren, weiß ich aber nicht, ob es über 25 Jahre waren, z. B. (bis zuletzt) Familie Senkel: Sohn Gustav war Treckerführer, lebt jetzt in Schwerin. Familie Stamminger, Fleckenstein, Didszus; letzterer war Kämmerer und lebt heute noch in Glücksburg/Holstein, Gr. Str. 56. Seine Schwiegertochter Erna Didszus geb. Spazier lebt in Oldenburg/Holst. Ihre Tochter, jetzt Krankenschwester in Düsseldorf, mit etwa 10 Jahren von Blumberg fortgekommen, schrieb mir kürzlich: „Ich denke noch sehr oft an zu Hause (Blumberg). Manchmal bekomme ich richtiges Heimweh. Es war immer so herrlich, wenn wir auf dem Gut unsere Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeste feierten. Ich weiß noch ganz genau, wie es gewesen ist“. (19.08.1956) —
Frau M. Below ist die alleinige Erbin von Blumberg. (19.02.1951). —
Lt. Fotobeschriftung im Archiv wurde das Gutshaus zwischen 1750—70 erbaut.