Zweilinden


Übersicht –Quelle: Gumbinnen von Dr. Grenz

Zweilinden

(Stannaitschen) mit Domäne Stannaitschen und Siedlung: Kirchspiel Gumbinnen-Altstadt, Amtsbezirk und Standersamtsbezirk Zweilinden (Stannaitschen). E.: 669. GH.: 1020,— RM. G.: 840 ha. —Zweiklassige Volksschule. 2. Lehrerstelle in LZ 1901 ausgeschrieben mit 720,— Mark Jahresgehalt, 100 Mk. und Wohnung. 1. Lehrerstelle in LZ 1898 ausgeschrieben mit 900,— Mark, 100 Mark Alterszulage und Wohnung im Werte von 165 Mark Jahresmiete. Im Jahre 1905 ein neues Schulgehöft im Rohbau fertiggestellt, 1906 Bau beendet und bezogen. 1925: Lehrer Walter Dumschat, Lehrer Karl Lemke und Lehrer Fritz Matthée. 1937: Lehrer Albert Bertulat und Lehrer Hermann Hille. —

1937: Bürgermeister: Gärtner Paul Bork. —

Post: Stannaitschen über Gumbinnen; die Abbauten Kasten, Lieser, Matthée sind Post Sabadschuhnen über Gumbinnen (5 km). —

Landwirte: Curt Bandoly, August Diedrigkeit, Oskar Eckloff, Helmut Freygang (Diplom-Landwirt), Hermann Kasten jun., Heinrich Lieser, Gertrud Lippert, Franz Mäser, Arthur Müller, Gustav Schaumann, Otto Schrade. —

Bauern: Werner Lippert. —

Handwerker: Gärtner Paul Bartolain, Tischlergeselle Paul Bleihöfer, Zimmergeselle Hans Blum, Schneidermeister Fritz Böttcher, Gärtnereibesitzer und Bürgermeister Paul Bork, Tischler Emil Brusberg, Maurer Otto Erlach, Schlosser Max Gudat, Zimmerer Emil Heisrath, Maurer Ernst Heisrath, Tischler Fritz Heisrath, Maurer Rudolf Heisrath, Tischler Gustav Herbst, Schmied Hermann Hoch, Maurer Georg Hubert, Maurer Karl Konrad, Ofensetzer Heinrich Littmann, Stellmacher Willi Littmann, Zimmermann August Mattulat, Schneider Paul Mattulat, Friseurgehilfe Ernst Mehl, Schneidermeister Emil Meyer, Schuhmachermeister Erich Meyer, Sattler Georg Pelkeit, Bäcker Walter Rott, Zimmergeselle Artur Schattling, Dachdecker Karl Schliewe, Fleischermeister Reinhold Schober, Schlosser Willi Schorat, Maurer Martin Steinleger, Maurer Hans Thomas, Schmiedemeister August Weber, Schmiedegeselle Fritz Weber, Schneidermeister Thomas Wiemer, Schuhmacher Albert Zeise. —

Weitere Berufe: Molkereigehilfe Emil Bendrat, Buchhalter Walter Bock, Kochfrau Auguste Bublat, Hebammenschwester Maria Bundt, Technischer Telegr.-Praktikant Johannes Burkhardt, Besitzer August Erlach, Fahrrad-Handlung Ferdinand Groß, Techn. Telegr.-Praktikant Paul Heinz, Gendarmerie-Wachtmeister August Isakeit, Reisender Otto Kappus, Straßenwärter August Karohsat, Küchenfrau Elisabeth Kasper, Flechterin Berta Kasten, Besitzer Hermann Kasten, Stütze Pauline Kaul, Maschinenbaumeister Artur Klementz, Melker Max Kristat, Beamtenanwärter Otto Krißun, Beamter Franz Lemke, Knecht Alfred Lorenz, Bahnwärter i. R. Friedrich Mehl, Gastwirt Ernst Naujock, Maschinist Ludwig Neweschall, Oberpostschaffner a. D. Heinrich Schorat, Gendarmerie-Hauptwachtmeister Friedrich Thiergart. —

Deputanten: Albert Adelhöfer, Otto Deutschmann, Karl Flick. —

Arbeiter: Franz August (Tiefbauarbeiter), Gustav Bartoleit, Gustav Brassat, Friedrich Brusberg, Gustav Buttgereit, Karl Chitralla, Franz Demant, Johann Dergewitz (Tiefbauarbeiter), Friedrich Erlach, August Filluhn, August Gerber, August Götz, Ernst Henseleit, Otto Jülich, Karl Karoos, Alfred Kehrer, Fritz Kibitzki, Hermann Kowalleck (Tiefbauarbeiter), Wilhelm Kuhrau, Heinrich Kuster, Friedrich Liebegut, Walter Lorat, Karl Mattukat, Franz Meyhöfer, Emil Müller, Hermann Pähr, Georg Renkwitz, Johann Reuter, Eduard Romanowski, Otto Rothgänger, Franz Schober, August Schorat, Otto Sprang, Johann Thiel, Friedrich Weber, Arbeiter Franz Zimmer, Gustav Zimmer. —

Sozialstatus: 6 Altsitzer, 1 Rentier, 5 Rentner, 2 Rentnerinnen, 9 Rentenempfänger, 3 Rentenempfängerinnen, 1 Kleinrentner, 1 Sozialrentner, 6 Witwen, 2 Kriegerwitwen. —

Ohne Beruf: Johanna Bork, Anna Tengler (gesch. Frau). —


Im Ortsteil Domäne Stannaitschen 1937:

Domänenpächter Franz Böhnke, Inspektor Walter Rohde, Kämmerer Hermann Satur. —

Handwerker: Schmied Karl Fischer, Stellmacher Otto Heß. —

Melker Emil Wolk. —

Arbeiter: Friedrich Adomat, Hermann Achenbach (Freiarbeiter), Otto Binsch, Eduard Bussas, Otto Dowedeit (Landarbeiter), Franz Eckert, Heinrich Fröse, Franz Höfert, Fritz Höfert, Lina Karalus, Hermann Kibat, Rudolf Kibat, Fritz Ringat, Richard Ringat, Hermann Schombach (Landarbeiter). —

Wirtin Auguste Schmidt. —

Hofgänger Otto Christ, Emil Koch. —

Sozialstatus: 3 Rentenempfänger, 1 Rentner. —

Deputanten: Franz Koch, Franz Müller, Emil Naujokat, Willi Schaaf, August Verseck, Gustav Walter. —


Im Ortsteil Stannaitschen-Siedlung 1937:

Handwerker: Schneidermeister Fritz Abromeit, Tischler Karl Bonnet, Maurer Hans Kublun, Tischlergeselle Otto Litty, Tischlergeselle Fritz du Maire, Maler August Naujokat, Stellmachergeselle Willi Perrey, Gärtner Wilhelm Pumpat, Maurer Heinrich Schawaller, Maurer Willi Schawaller. —

Handel-Agent August Baginski, Reisender Otto Kappus, —

Arbeiter: Ferdinand Jans, Max Kossack, Fritz Kublun, Franz Litty, Fritz Litty, Franz Naujoks, Julius Naujoks, Kurt Naujoks, Franz Perrey, Gustav Szillat, Friedrich Wiehert, Johann Wirßyng. —

Sozialstatus: 2 Rentenempfänger, 1 Rentenempfängerin, 1 Kriegerwitwe. —


1925 – Dorf Stannaitschen:

Gutsbesitzer: Fritz Bandoly, Fritz de la Chaux, Heinrich Matthée, Paul Grigat. —

12 Besitzer (davon 1 Hebamme: Elise Bundt), 3 Lehrer, 1 Postschaffner, 1 Inspektor a. D., 1 Gastwirt, 2 Schneider, 1 Schneiderin, 2 Tischler, 1 Fleischer, 1 Maschinenbaumeister, 1 Musiker, 3 Schuhmacher, 1 Schlosser, 1 Schmied, 1 Bäcker, 7 Maurer, 2 Zimmerleute, 1 Inspektor, 1 Schweizer, 3 Kutscher. —

1925 – Domäne Stannaitschen:

Domänenpächter Erich Mentz, Inspektor Konrad Hinz, Wirtin Auguste Salewski, Kämmerer Gottlieb Fleckenstein, Oberschweizer Paul Schulz, 3 Unterschweizer, 5 Hausmädchen, 1 Schmied, 1 Oberlandjäger, 1 Damenschneiderin, 1 Kunstgärtner, 7 Deputanten, 1 Kutscher. —


Im Archiv der Kreisgemeinschaft Gumbinnen eine Einwohnerliste von Zweilinden (Stannaitschen) von A. Klementz aus Z., aufgestellt und am 29.12.1952 übersendet.

Sie enthält von jeder Familie sämtliche Familienmitglieder, auch die Kinder. —

Im Archiv der Kreisgemeinschaft Gumbinnen weiterhin zwei Ausschnitte aus dem Ostpreußenblatt über die Redlichkeit, die in Stannaitschen begraben liegt:

Es handelt sich dabei um folgendes:

„David Niederstetter war 14 Jahre alt, als er mit seinen wohlhabenden Eltern die alte Salzburgische Heimat verlassen mußte und den beschwerlichen Weg nach Ostpreußen antrat. Im Alter von 27 Jahren pachtete er die Kgl. Domäne Stannaitschen bei Gumbinnen. Außerdem besaß er das Gut Blumberg, das nur eine halbe Stunde von Stannaitschen entfernt liegt. David Niederstetter muß ein vorzüglicher, tüchtiger und rechtlicher Mann gewesen sein und sich in weiten Kreisen durch seine Charaktereigenschaften Liebe und Achtung erworben haben. Er liegt auf dem Stannaitscher Friedhof begraben, der auch in den zwanziger Jahren noch benutzt wurde. Die Sandsteinplatte auf der Gruft trug folgende Inschrift:

HIER LIEGT DIE REDLICHKEIT BEGRABEN
HERR DAVID NIEDERSTETTER
Koen. Pr. AMTSRAT in STANNAITSCHEN.
ER WARD
gebor, den 29ten März 1718
BEAMTER im JAHR 1745
verm. d. 22ten February 1747
mit
LOUISA DOROTHEA
SCHIMMELFENNIG
von der Oye
und STARB den 6ten MAY 1789
VON KINDERN, ENKELN,
VERWANDTEN,
FREUNDEN und ALLEN REDLICHEN
BEWEINT.
SELIG SIND, DIE REINES
HERZENS SIND.


E. Siegfried schreibt dazu:

„In meiner Familie wird erzählt: David Niederstetter war im Begriff zu heiraten; der Polterabend hatte begonnen; er saß neben seiner Braut. Plötzlich sah er, daß unter ihren schönen schwarzen Haaren, an der Schläfe, eine feuerrote Locke hervorkam. Daß sie ihm verheimlicht hatte, daß sie eine Perücke trug und rote Haare hatte, empörte ihn derart, daß er schweigend aufstand, sein Pferd satteln ließ und auf Nimmerwiedersehen davonritt. Später heiratete er Louise Dorothea Schimmelfennig, und das erste Kind aus dieser Ehe hatte rote Haare, die seitdem in der Familie immer wieder vorkommen. Er hatte zehn Kinder, die alle heirateten, und so wurde seine Nachkommenschaft recht zahlreich. Ich entsinne mich, als Kind bei Gesprächen über Verwandtschaft sehr oft gehört zu haben: „Wir treffen uns in der Redlichkeit“. Ein Bild der Redlichkeit hing in Kirschnehnen, später in Jäglack, ein zweites bei Herrn von Schön – Blumberg. Das Blumberger Bild war 1812, beim Durchzug der Großen Armee von den Franzosen, stark beschädigt worden. Das Jäglacker Bild wurde 1914, als die Russen in Jäglack waren, gerettet; es war mit anderen Wertsachen im Keller vermauert. Jetzt sind natürlich alle Bilder vernichtet.“

F. Schmidt-Schleswighöfen schreibt zusätzlich:

„Der Inhalt dieser Grabschrift, der offensichtlich ausdrücken soll, daß der Verstorbene sich sein ganzes Leben hindurch als die personifizierte Redlichkeit erwiesen habe, hat übrigens zu Scherzen Veranlassung gegeben, die diese Inschrift weit über Ostpreußen hinaus bekannt gemacht hat. Das Witzblatt „Kladderadatsch“ hat dazu wesentlich beigetragen. Als im Parlament bedauernd geäußert worden war, daß Treue und Redlichkeit mehr und mehr aus der Welt verschwänden, wartete der Kladderadatsch mit der Glosse auf: „Wo soll die Redlichkeit in der Welt auch herkommen, da sie ja in Stannaitschen bereits begraben liegt.“


„Das Ostpreußenblatt“ vom 01.01.1955 veröffentlicht eine Sage, die unsern „Redlichen Amtsrat“ in ein ganz anderes Licht rückt:

„Der Amtsrat von Stannaitschen preßte die Bauern aus und mißbrauchte seine Amtsstellung. Die Bauern litten Not; er aber lebte in Saus und Braus. Einmal wurde im Herrenhaus der Domäne Stannaitschen ein großes Fest gefeiert. Von nah und fern sind Standespersonen und reiche Gäste erschienen. Es wird getafelt, getrunken und getanzt. Da fährt ein unscheinbares Wägelchen, das nur mit einer Schweike bespannt ist, im Garten vor. Dem Wagen entsteigt ein kleiner, schmächtiger Bauer im hausgewebten Leinenrock. Unbekümmert geht er die Treppe zur Terrasse des Herrenhauses herauf und stellt sich an die geöffnete Flügeltür. Von dieser Stelle aus beobachtet er das übermütige Treiben im Festsaal. Dieser unerwünschte Späher erregt den Ärger der vornehmen Gesellschaft. Ein Lakai soll den Dreisten wegjagen. Doch der vermeintliche Bauer würdigt den Diener keines Wortes; er wirft ihm nur einen Blick zu, der den Mann zurückscheucht. Jetzt wird es den Herren zu bunt. Mit dem Kerl soll kurzer Prozeß gemacht werden: sechs Bedienstete erhalten den Befehl, den „Gaffer“ kurzerhand über die Treppe in den Garten zu werfen und dann wegzuprügeln. Die sechs handfesten Burschen krempeln sich die Ärmel auf und rücken dem schmächtigen Mann zu Leibe; aber gelassen öffnet dieser die Knöpfe seines langen grauen Rockes, und auf der Weste blitzt der Stern des Schwarzen Adlerordens. Die Männer erstarren; die Frauen fassen sich schneller und sinken in einen tiefen Hofknicks mit ihren weiten Krinolinen. Es kann kein Zweifel mehr herrschen, denn jetzt erkennt man auch die Gesichtszüge des Fremden: Es ist ja der König selbst, der große Friedrich! Der Amtsrat fällt in die Knie, murmelt etwas von „Hoher Ehre“ und bittet den König um die große Gnade, an dem Feste in seinem bescheidenen Hause teilzunehmen. Doch König Friedrich erwidert: „Ich bringe ihm die Einladung in ein anderes Haus, nämlich in das Gefängnis zu Potsdam. Dort wird er sich wegen Menschenschinderei zu verantworten haben“. —

In Potsdam soll — so will es die Sage — über den Amtsrat der Spruch gefällt worden sein. Zwölf vermummte Richter, die an einem langen Tisch saßen, hätten ihn des Todes für schuldig befunden, und auf einem Richtklotz an einer Seite des schier endlosen Tisches (die Volkssage meint hiermit ein überirdisches Gericht, das jeden übermütigen Frevler ereilen wird) sei auch sogleich das Todesurteil vollstreckt worden. Diener des Enthaupteten hätten dann den Leichnam nach Stannaitschen zurückgebracht. Eine schwere Steinplatte, die den großen Sünder drücken sollte, sei über das Grab gelegt worden, und in die Steinplatte habe man den Spruch eingemeißelt: „Hier liegt die Redlichkeit begraben . ..“